#4_2025 Ein konstruktives Gespräch
mit Seokjin Hong & Ikue Ohta
Ausstellung 27.4.–8.6.2025 | Eröffnung: 15.5.
Mit der ortsspezifischen Installation „Ein konstruktives Gespräch“ greifen Seokjin Hong und Ikue Ohta die vielschichtige Geschichte des Super+Centercourt in München auf – eines Raumes, der ursprünglich als öffentlicher Durchgang angelegt war und erst später architektonisch geschlossen wurde. In seiner ursprünglichen Offenheit diente der Ort immer wieder als vorübergehender Schutzraum, etwa für obdachlose Menschen – eine urbane Nische zwischen Sichtbarkeit und Verdrängung. Die Künstlerinnen übersetzen diese räumlich-soziale Ambivalenz in eine Arbeit, die sich in zwei Phasen entfaltet und auf verschiedenen Ebenen mit dem Verhältnis von Körper, Raum und gesellschaftlicher Fragilität arbeitet.
Phase 1 (27. April – 7. Mai 2025):
In der ersten Phase bleibt der Raum verschlossen. Durch das Schaufenster lässt sich eine vollständig mit Verpackungspapier und Klebeband verhüllte Innenfläche erahnen. Der Raum ist nicht betretbar – nur sichtbar, als wäre er in eine Schutzhaut gehüllt. Die Wahl der Materialien verweist auf Provisorien, Übergangssituationen, temporäre Zufluchten. In der Reduktion entsteht ein starkes Bild für soziale Unsichtbarkeit, für das prekäre Wohnen „im Dazwischen“.
Phase 2 (ab 8. Mai 2025):
Nach der Eröffnung wird der Raum zugänglich. Besucher:innen betreten nun eine Landschaft aus hausförmigen Skulpturen – gefertigt aus demselben Packpapier der ersten Phase. Die Spuren der Vergangenheit bleiben lesbar, das Material trägt seine Geschichte weiter. Diese fragilen Konstruktionen erinnern an Kokons, Notbehausungen oder mobile Rückzugsorte. Der Raum, einst Durchgang, wird nun zur reflexiven Architektur, zur temporären Behausung von Bedeutungen.
Durch ihre minimalistische, zugleich hoch sensible Intervention machen Hong und Ohta den Raum selbst zum Akteur. Sie knüpfen an künstlerische Strategien der ortsbezogenen Installation, an Praktiken der Spurensicherung und an gesellschaftspolitische Fragen nach Wohnen, Schutz und Öffentlichkeit. In der formalen Zurückhaltung liegt eine tiefe emotionale und politische Spannung.
„Ein konstruktives Gespräch“ meint dabei nicht nur den Dialog zwischen zwei künstlerischen Positionen, sondern verweist auf das fragile Verhältnis zwischen Raum und Mensch, Zwischenzeit und Dauer, Material und Bedeutung. Ein Gespräch, das nicht auf Lösung abzielt, sondern auf Resonanz.
Die Ausstellung markiert zugleich einen Übergang anderer Art:
Mit „Ein konstruktives Gespräch“ verabschiedet sich Sophie-Charlotte Bombeck als langjährige künstlerische Leiterin des Super+Centercourt. Seit 2018 hat sie den Raum mit großem Engagement und einem klaren kuratorischen Profil geprägt – als Tor zwischen lokalen Szenen und internationalen Positionen, als Experimentierfeld für zeitgenössische Kunst jenseits etablierter Formate. Ihr kuratorisches Wirken hat dem Centercourt eine unverwechselbare Handschrift verliehen.
Zu den Künstlerinnen:
Seokjin Hong (*1989, Seoul, Südkorea) setzt sich in ihren Arbeiten mit Themen wie Körper und Wahrnehmung, Innerlichkeit und privatem Raum auseinander. Sie arbeitet mit
verschiedenen Medien, darunter Zeichnungen und Installationen. Nach dem Abschluss ihres Diploms der Freien Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste Saar ist sie derzeit Meisterschülerin bei Professorin Katharina Hinsberg an derselben Institution.
Ikue Ohta (*1987, Kanagawa, Japan) ist eine interdisziplinär arbeitende Künstlerin. Ihre Praxis umfasst ortsbezogene Installationen, sich entwickelnde skulpturale Formen, partizipative Zeichnungen sowie innovative Buchkunst. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit organisiert und leitet sie Workshops unter dem Namen „DENKBAU“. Seit 2021 studiert sie Malerei und Grafik unter der Leitung von Professorin Schirin Kretschmann an der Akademie der Bildenden Künste München.