BENEDIKT DICHGANS_PHILIPP ENGELHARDT//  [TRANS] PRODUKTION

Die Fragen nach dem Original, nach der medialen Übersetzungsleistung sowie nach dem Verhältnis von Entstehungs- und Ausstellungsort stehen im Zentrum ihrer künstlerischen Herangehensweise.

Philipp Engelhardt zeigt eine stereoskope Installation (3D Projektion), die den Betrachter in einen virtuellen Raum entführt, in dem er Zeuge des konstanten Aufbaus und Zerfallseines retopologisierten Kopfes wird. Ein Trümmerfeld aus geometrischen Klumpen setzt sich nach und nach zu einem perfekten Kopf zusammen – und zerfällt sogleich wieder zu bunten Brocken auf weißem Boden. Eine bewegte Fotografie ohne Sound im ewigen Loop. Der retopologisierte Kopf der 3D-Projektion steht in direktem Verhältnis zu der 120 x 90 cm großen, aus 314 bunten Dreiecken bestehenden Pappskulptur, die der Künstler parallel zur Videoprojektion angefertigt hat. Auf einer Holzpalette in der Mitte des Raumes ruhend, wirkt der bunte Kopf wie eine Requisite zum Kopf der Projektion und stellt unweigerlich die Frage nach dem Original und der Reproduktion. Trotz haitischer Präsenz ist die reale Skulptur weder Vorläufer noch tatsächlicher Protagonist der virtuellen 3DProjektion, sondern lediglich Realisat eines virtuellen Bauplans, der auch dem Video zugrunde liegt. Wie ist das Verhältnis von der materiellen Skulptur im realen Raum zum virtuell erzeugten Kunstwerk in einer fiktiven Umgebung, das nur gesehen, nicht berührt werden kann? 

Benedikt Dichgans nähert sich der Frage von Original und Reproduktion in umgekehrter Weise und präsentiert eine installative Arbeit mit performativen Elementen. An der Decke der Galerie hat er ein Faxgerät befestigt, mittels dessen er eigens angefertigte Landschaftsgemälde in die Galerie faxt. Die ausgedruckten Kunstdokumente werden anschließend gerahmt und an die Wand gehängt. Ein Fax stellt, Gegensatz zum Brief und zur E-Mail, ein juristisch anerkanntes Dokument dar, es ist rechtsgültig und ersetzt die Unterschrift. Dennoch ist ein Fax zwar immer echt, niemals aber originär. Welche Gültigkeit haben die gefaxten Kopien, wenn sie immer nur eine Referenz zu einem Original darstellen, dessen Existenz niemand außer dem Künstler selbst bezeugen kann? Ersetzt die technische Übertragung die Unterschrift des Künstlers und kann er die gefaxten Werke als bloßer „Absender“ tatsächlich als gültige Auflagen eines Originals legitimieren? 

Sowohl Philipp Engelhard als auch Benedikt Dichgans experimentieren mit den Möglichkeiten künstlerischer Übersetzungsleistung und stellen die Frage, inwieweit technische Medien nicht mehr nur als Produktions-assistenten, als Vervielfältigungsmaschinen oder Übersetzungsdienstleister von Kunstwerken gesehen werden können, sondern den eigentlichen Ursprung ihrer Entstehung selbst bedingen.

Rosali Wiesheu